Berufsbildung in Forschung und Praxis
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Belastete Lehrkräfte, Berufsbildende im Lehrbetrieb und Schulleitungsmitglieder

Stress und Burnout: Wie Kl helfen könnte

Der vorliegende Artikel bietet einen Rahmen zur Bewertung des arbeitsbedingten Stressniveaus bestimmter Berufsgruppen in der beruflichen Bildung: von Lehrerinnen, Berufsbildenden im Lehrbetrieb und Berufsschulleitern. Er basiert auf einer Analyse der Arbeitsprozesse dieser Fachkräfte sowie der wichtigsten Stressfaktoren. Der Beitrag enthält auch Hinweise auf das Potenzial von KI-Tools zur Reduzierung dieses Stresses. Für didaktische Aufgaben gibt es bereits wirksame Tools, für komplexe und stressige Verwaltungs- und Managementaufgaben sind sie jedoch noch selten.


Erste Ergebnisse zeigen aber, dass Kl sie unterstützen könnte, Stress abzubauen und Zeit zu sparen: z.B. bei der Planung, der Vorbereitung des Unterrichts oder der Bewertung und Kommentierung der Arbeiten der Lernenden.

Stress und Burnout belasten Lehrkräfte in der Berufsbildung, Berufsbildende im Lehrbetrieb (im Folgenden Berufsbildende) und Schulleitungspersonen – in der Schweiz, aber auch in anderen Ländern. Über 40% der Lehrkräfte zeigen Symptome von Burnout, etwa ein Drittel erwägt, den Beruf zu verlassen.[1] Laut der Gewerkschaft der Westschweizer Lehrkräfte (SER) waren 2017 bereits 40% der Lehrpersonen von Burnout betroffen, und mehr als 60% gaben an, dass sich ihr Gesundheitszustand während der Schulzeit verschlechtert habe.[2]

Das rasante Aufkommen der Kl bietet die Möglichkeit, diesen Herausforderungen anders zu begegnen. Die meisten Untersuchungen zu ihrem Einsatz und Wirkungen im Bildungswesen sind zwar noch vorläufig und basieren auf Umfragen oder Anekdoten. Zudem vernachlässigen sie oft psychosoziale Aspekte wie den Stress der Fachpersonen.[3] Erste Ergebnisse zeigen aber, dass Kl sie unterstützen könnte, Stress abzubauen und Zeit zu sparen: z.B. bei der Planung, der Vorbereitung des Unterrichts oder der Bewertung und Kommentierung der Arbeiten der Lernenden.[4] Zeitersparnis kann Stress reduzieren – auch bei Verwaltungsaufgaben.[5]

Es gibt aber auch negative Potenziale. So weisen einige Studien darauf hin, dass die rasanten technologischen Veränderungen der KI die Menschen verunsichern und zusätzlichen Stress verursachen könnten.[6] Ebenso gibt es Bedenken hinsichtlich des möglichen Verlusts beruflicher Kompetenzen sowie der Risiken im Bereich Datenschutz und Datensicherheit.[7] Schliesslich befürchten einige, dass die Konfrontation psychisch labiler Kinder und Jugendlicher mit KI-Tools Schäden verursachen und gar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnte.[8][9]

KI könnte dazu beitragen, Stress zu reduzieren und Berufsbildende zu unterstützen, aber nur, wenn sie sorgfältig und mit einem tiefgreifenden Verständnis des Kontextes der beruflichen Bildung integriert wird. Unser Ansatz besteht darin, die Automatisierung durch KI auf Aufgaben zu konzentrieren, die für diese Fachkräfte sehr stressig und unbeliebt sind, damit sie sich mehr auf die Aufgaben konzentrieren können, die ihnen wirklich Freude machen.

Belastung durch Verwaltungsaufgaben

Bisher wird Kl im Bildungswesen fast nur zur Verbesserung pädagogischer Interventionen, der Unterrichtsvorbereitung und zur Bewertung von Schülerarbeiten eingesetzt; dies spart Zeit und reduziert damit Stress. Wir wollen den Einsatzbereich von KI aber auf weitere Bereiche ausdehnen, die Stress verursachen.

Um diese Herausforderung systematisch anzugehen, schlagen wir einen analytischen Rahmen vor, der auf unseren gemeinsamen Erfahrungen in den Bereichen allgemeine und berufliche Bildung in der Schweiz, auf modernen Systemen künstlicher Intelligenz und deren Einsatz in strategischen Unternehmenskontexten (insbesondere in den Vereinigten Staaten) sowie auf der vorhandenen Literatur basiert. Die vorgestellten Ergebnisse stellen eine erste Einschätzung dar, die auf der Analyse der verfügbaren Literatur basiert und durch unser Fachwissen und den informellen Austausch mit Fachleuten aus der Praxis ergänzt wurde. Dieser Austausch, ergänzt durch mehrere Jahre praktische Erfahrung im Bildungsbereich und zahlreiche Beobachtungen vor Ort im Rahmen unserer Forschungsarbeit[10], hat es uns ermöglicht, unser Verständnis der Praxis zu verfeinern.

Wir haben den Arbeitsprozess der Ausbildungsfachleute in Aufgabenbereiche unterteilt und anschliessend deren Bedeutung für ihre Rolle, den damit verbundenen Stress und die damit verbundene Zufriedenheit bewertet.

Wir haben den Arbeitsprozess der Ausbildungsfachleute in Aufgabenbereiche unterteilt und anschliessend deren Bedeutung für ihre Rolle, den damit verbundenen Stress und die damit verbundene Zufriedenheit bewertet. Die Automatisierung von Verwaltungsaufgaben verspricht eine sofortige und erhebliche Stressreduzierung, die weit über die sekundäre Reduzierung hinausgeht, die durch die Zeitersparnis bei den didaktischen Aufgaben erzielt wird. Auf dieser Grundlage wurden Kategorien festgelegt, die sehr stressig, wenig befriedigend und für den Beruf nicht wesentlich sind. Anschliessend haben wir untersucht, inwieweit die verschiedenen Kategorien der derzeit verfügbaren KI-Tools für diese spezifischen Aufgaben nützlich sein können oder nicht.

Wir haben die Aufgaben von Lehrkräften, Berufsbildenden und Schulleitungsmitgliedern von Berufsfachschulen in der Schweiz in zehn Kategorien zusammengefasst (Abbildungen 1 bis 3). Wir haben den Zeitaufwand für jede Tätigkeit[11], die Zufriedenheit, die Bedeutung für die Rolle und den verursachten Stress geschätzt. Die Schätzungen der wöchentlichen Arbeitszeit dieser Fachkräfte variieren in der Regel zwischen 40 und 75 Stunden, je nach Zeitraum und ausgeübter Funktion. Diese Arbeitsbelastung umfasst eine Vielzahl unterschiedlicher Tätigkeiten, die von didaktischen Aufgaben über die pädagogische Begleitung und administrative Aufgaben bis hin zum operativen Management reichen.

Unsere ersten Ergebnisse zeigen, dass ein erheblicher Teil dieser Zeit für Aktivitäten aufgewendet wird, die in direktem Zusammenhang mit dem Lernen stehen, z.B. Unterricht (18 bis 32 Stunden), pädagogische Vorbereitung (4 bis 18 Stunden) und Unterstützung der Lernenden (3 bis 10 Stunden). Ein nicht unerheblicher Teil – insbesondere bei den Schulleitungen – wird jedoch logischerweise durch Verwaltungs-, Koordinations-, Personalmanagement- oder strategische Steuerungsaufgaben in Anspruch genommen

Die Analyse zeigt weiter, dass solche Verwaltungsaufgaben für alle drei Gruppen die grössten Stressoren darstellen. Für Lehrerinnen und Berufsbildner sind Verwaltungsaufgaben am stressigsten, am wenigsten befriedigend und am wenigsten wesentlich. Das macht sie zu idealen Kandidaten für eine Automatisierung durch Kl. Selbst für Führungskräfte sind diese Aufgaben sehr stressig, auch wenn sie für diese Personengruppe zentraler und manchmal befriedigender sind. Auch hier wäre der Einsatz von Kl sinnvoll.

Abbildung 1: Ein Rahmen zur Veranschaulichung der Aufgabenverteilung einer Lehrperson an einer Schweizer Berufsfachschule. Die Stundenangaben sind wöchentliche Durchschnittswerte.


Abbildung 2: Ein Rahmen zur Veranschaulichung der Aufgabenverteilung eines Berufsbildenden im Lehrbetrieb in der Schweiz. Die Stundenangaben sind wöchentliche Durchschnittswerte.


Abbildung 3: Ein Rahmen zur Veranschaulichung der Aufgabenverteilung eines Schulleitungsmitglieds an einer Berufsfachschule in der Schweiz. Die Stundenangaben sind wöchentliche Durchschnittswerte.

Wie Kl eingesetzt kann

Für die Analyse von geeigneten Kl-Tools haben wir drei Gruppen eingerichtet:

  • Allgemeine Tools (ChatGPT, Gemini, Claude usw.)
  • Copiloten (Microsoft Copilot, Google Copilot usw.)
  • Domänenspezifische Tools (Khanmigo, Magic School usw.).

Wir haben die Tätigkeiten in drei Gruppen unterteilt:

  1. didaktische Tätigkeiten
  2. pädagogische Verwaltung
  3. Verwaltung

Die erste Kategorie umfasst die Kernaufgaben des Unterrichts. Die zweite Kategorie umfasst Aufgaben, die mit dem Unterricht zusammenhängen, aber eher administrativer Natur sind. Die dritte Kategorie umfasst administrative Tätigkeiten und andere Aufgaben, die nicht direkt mit dem Unterricht oder der Ausbildung zusammenhängen.

Für jede Kategorie wurde eine repräsentative Aufgabe definiert und getestet, um ihre Funktionsweise und Relevanz zu bewerten. Wir haben also die Effizienz der genannten KI-basierten Tools für typische Aufgaben von Lehrerinnen, Berufsbildnern und Schulleiterinnen systematisch bewertet. Die Verwaltungsaufgaben reichen beispielsweise von «einfach» (Erstellung regelmässiger Berichte mit Copilot) bis «komplex» (detaillierte Finanzpläne, die die Zusammenstellung, Analyse und Übermittlung von Daten an verschiedene Behörden und Regierungssysteme erfordern). Die Ergebnisse sind in Tabelle 1 dargestellt.

Tabelle 1: Bewertung der Effizienz von derzeit verfügbaren KI-Tools zur Ausführung typischen Aufgaben von Berufsbildenden.

Wir stellen fest, dass es für die meisten didaktischen Aufgaben bereits sehr effektive KI-Tools gibt. ChatGPT kann Unterrichtseinheiten für Lehrkräfte in der beruflichen Bildung generieren; Microsoft Copilot kann Führungskräfte bei der täglichen Verwaltung unterstützen, indem es Berichte, Zeitpläne oder Zusammenfassungen aus vorhandenen Dokumenten erstellt; schliesslich kann ChatGPT Berufsbildenden dabei helfen, Schulungen entsprechend den Zielen der Ausbildungsprogramme zu strukturieren.

Abbildung 4: Zusammenfassende Darstellung der Effizienz der derzeit verfügbaren K/-Tools in den verschiedenen Aufgabenkategorien und der entsprechenden Stressniveaus.

Die Tabelle zeigt auch, dass Kl-Tools für Verwaltungsaufgaben wenig geeignet sind. Die in Word oder Excel integrierten Copiloten können bestimmte Aufgaben erleichtern, sie sind aber für einen technisch nicht affinen Anwender nach wie vor schwierig zu bedienen. Darüber hinaus sind diese Tools für aufwändigere Verwaltungsaufgaben wie Finanzberichte oder die Verwaltung von Zeitplänen, die das Sammeln, Analysieren, Planen und die Verbindung zu staatlichen Systemen erfordern, noch unzureichend. Genau diese Aufgaben aber sind am stressigsten und bergen die höchsten Risiken für die Sicherheit und Vertraulichkeit personenbezogener und sensibler Daten. Abbildung 4 fasst diese Erkenntnisse zusammen.

Zukünftige Ausrichtung

Die KI entwickelt sich rasend schnell und es ist schwer vorherzusagen, welche Fähigkeiten sie in einem Jahr besitzen wird. Dennoch bietet der Einsatz bereits verfügbarer Technologien schon heute erhebliche Vorteile für die allgemeine und berufliche Bildung, ganz zu schweigen vom Potenzial künftiger autonomer Systeme, die selbstständig lernen können. Angesichts dieser Dynamik ist es unerlässlich, die Auswirkungen der KI auf die Berufsbildung zu antizipieren und ihren Einsatz umsichtig, überlegt und organisiert voranzutreiben. In diesem Sinne schlagen wir hier einen Analyserahmen vor, der die Realität abbildet, aber offen für zukünftige Entwicklungen ist. Es handelt sich um einen ersten Ansatz (im Rahmen privater Recherchen), den wir weiterführen möchten. Unser Ziel ist es, dazu beizutragen, diese leistungsstarke Technologie auf die Erfüllung bestimmter Bedürfnisse im Bildungsbereich auszurichten, dabei aber stets wachsam gegenüber den damit verbundenen Risiken zu bleiben.

[1] LCH/SER. (2024), Enquête sur la satisfaction professionnelle des enseignants suisses. Berne.
[2] SER. (2017), Santé et conditions de travail des enseignants en Suisse romande. Genève.
[3] Holmes, W., & Tuomi, I. (2022). State of the art and practice in AI in education. European Journal of Education, 57(4), 542–557.
[4] Nguyen, L. (2023). Exploring the role of AI in education. London Journal of Social Sciences, 18(2), 84–95.
[5] Forbes / Twinkl Survey. (2024). AI in education: Time-saving and administrative support.
[6] Wang, S. et al. (2024). Artificial intelligence in education: Benefits, challenges, and future directions. ScienceDirect.
[7] OECD. (2023). AI in education: Policy insights for governance, ethics, and security. OECD Publishing.
[8] UNESCO. (2021). AI and education: Guidance for ethical use of AI in schools. UNESCO Publishing.
[9] García-López, I. M., et al. (2025). Ethical and regulatory challenges of Generative AI in education. Frontiers in Education, 10, 1565938.
[10] Besozzi, R. (2024). Former des apprenti·e·s. À la rencontre des formateurs et formatrices en entreprise. Editions Alphil.
[11] Wir schätzen die erforderliche Zeit für jede Kategorie bei voller Auslastung (100 %). Bei den Berufsbildenden gehen wir davon aus, dass sie Vollzeit arbeiten, auch wenn sie zusätzlich Produktionsaufgaben übernehmen und nicht alle voll ausgelastet sind, da die Lernenden in der Regel nur drei bis vier Tage pro Woche im Unternehmen sind.
Zitiervorschlag

Besozzi, R. & Menon, A. (2025). Stress und Burnout: Wie Kl helfen könnte. Transfer. Berufsbildung in Forschung und Praxis 10 (15).

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