Berufsbildung in Forschung und Praxis

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Studie der EHB und der Universität Freiburg untersucht das Potenzial neuer Lernkulturen

So fördert der Detailhandel sozialen Aufstieg

Patric Raemy, Lona Widmer & Antje Barabasch

Die Förderung von transversalen Kompetenzen, das selbstgesteuerte Lernen, der Einsatz von digitalen Lernmedien – das sind wichtige Elemente der laufenden Reform der beruflichen Grundbildung im Detailhandel. Ein grosses Unternehmen hat diese Elemente einer neuen Lernkultur bereits schon jetzt umgesetzt. Es leistet damit einen Beitrag zum sozialen Aufstieg der Lernenden, wie ein Forschungsprojekt der EHB und der Universität Freiburg zeigt. Und es steigert das Ansehen des Berufes.

Leading House VPET-ECON

Fachhochschulen als Impulsgeber

Fachhochschulen (FH) geben positive Impulse für die Berufsbildung, die Innovation und die Regionalentwicklung. Dies verdeutlicht eine Reihe von Studien des «Swiss Leading House VPET-ECON» aus den letzten Jahren. So zeigte sich, dass FH-Absolvierende mit ihrem Mix aus berufsspezifischem Wissen und Forschungserfahrung eine Brückenfunktion zwischen Berufslehrabsolvierenden und Akademikern einnehmen. Die wichtigsten Ergebnisse der Forschungen finden sich nun in einem Policy Brief zusammengefasst. An die Adresse der Politik geht der Hinweis, dass dem ursprünglichen Auftrag zur Kombination von anwendungsorientierter Forschung und berufsspezifischen Kenntnissen Sorge zu tragen sei.

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Förderprojekte von Travail.Suisse Formation

Auch Menschen mit Behinderungen sollen sich weiterbilden können

Daphna Paz

Der Gesetzgeber in der Schweiz schreibt vor, dass Benachteiligungen zu verhindern sind, denen Menschen mit Behinderungen ausgesetzt sind – ausdrücklich auch im Bereich der Bildung. Die Umsetzung von Inklusion steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. In zwei vom SBFI mitfinanzierten Projekten trägt Travail.Suisse Formation dazu bei, dass Weiterbildung auch für Menschen mit Behinderungen besser zugänglich wird.

Projekt der Pädagogischen Hochschule Zürich

Open Acess: Didaktischer Leitfaden Portfolio

Die PH Zürich hat einen «Didaktischen Leitfaden Portfolio» für die Umsetzung der Berufsreformen «Kaufleute 2023» und «verkauf 2022» erstellt. Die Arbeit von Nicole Ackermann und Stefan Zehnder bietet Orientierung und Anregung für Berufsbildungsverantwortliche am Lernort Schule, die ein Portfolio-Konzept entwickeln und damit arbeiten. Der Leitfaden ist als Open Access-Publikation im Repositorium der PHZH verfügbar.

Neun Thesen zum Thema Klimaschutz in der beruflichen Grundbildung

Die Berufsbildung neu denken

Martin Straumann & Beatrice Ledergerber

Der Klimawandel beunruhigt die Jugend. In den laufenden Projekten «Berufsbildung 2030» wird er jedoch kaum sichtbar. Die Berufsbildung könnte ein Scharnier sein, um die Wirtschaft im Hinblick auf mehr Ökologie und weniger Energieverbrauch weiterzuentwickeln. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, wie die Berufsbildung diesen Herausforderungen begegnen kann. Die Lernenden sollten über die Ursachen und Folgen des Klimawandels besser informiert werden und könnten im Rahmen ihrer beruflichen Grundbildung einen aktiven Beitrag zu deren Bewältigung leisten. Damit würde die berufliche Grundbildung für die Jugendlichen noch attraktiver.

Strategien für Berufstätige in einem dynamischen Arbeitsmarkt

So gelingt selbstgesteuerte Laufbahngestaltung

Francisco Wilhelm, Andreas Hirschi & Dawa Schläpfer

Die Gestaltung der eigenen beruflichen Laufbahn ist durch die hohe Dynamik des Arbeitsmarktes anspruchsvoller geworden und sollte nicht nur in Krisen ein Thema sein. Mit dem Begriff der selbstgesteuerten Laufbahngestaltung hat die Forschung einen Begriff geschaffen, der die Aktivitäten umfasst, mit denen Personen laufbahnbezogene Handlungen durchführen und steuern. Der vorliegende Beitrag arbeitet sieben Kernverhalten heraus, die soziale, motivationale und wissensbezogene Ressourcen nutzen und entwickeln.

Forschungsprojekt der ZHAW und emplution

Benötigen KMU Weiterbildungsberatung? Wenn ja, welche?

Claudia Pölderl, Marius Gerber & Jonas Probst

Das Weiterbildungsangebot in der Schweiz ist vielfältig, aber auch unübersichtlich. Wenn nicht einmal die Berufs-, Studien- und Laufbahnberatenden den Überblick behalten, wie sollen sich dann die Verantwortlichen in den KMU zurechtfinden? Zudem fehlen oft die Zeit und die personellen Ressourcen, um während eines Kursbesuchs das Tagesgeschäft in den KMU aufrechtzuerhalten. Im Rahmen des vom SBFI finanzierten Projekts «Bedarfsanalyse und Prototyping von branchenspezifischen Personalentwicklungsinstrumenten» untersuchte ein Projektteam von ZHAW und emplution zusammen mit den Branchenverbänden JardinSuisse und Treuhand|Suisse die aktuellen Herausforderungen von KMU-Verantwortlichen in der Weiterbildung. Basierend auf den Ergebnissen wurden Vorschläge zur Entschärfung der Weiterbildungsherausforderungen erarbeitet. Diese wurden auf ihre Akzeptanz bei den KMU-Verantwortlichen überprüft.

Leading House Berufsfelddidaktik

Kreativität in der Ausbildung von Lehrpersonen

Kreativität ist zusammen mit anderen Kompetenzen eine der wichtigsten Fähigkeiten von Lernenden, um in der Arbeitswelt von morgen erfolgreich zu bestehen. Aufgrund der Nähe zur Arbeitswelt ist die Umsetzung solcher Zukunftskompetenzen in der Berufsbildung besonders wichtig. Dennoch spielt die Förderung von Kreativität im Rahmen der Ausbildung von Lehrkräften der Berufsbildung bisher noch keine bedeutende Rolle. Dies ist das Ergebnis einer Interviewstudie, die von Silke Fischer (heute PH Luzern) im Rahmen des Leading Houses Berufsfelddiaktik an der EHB geleitet und durchgeführt wurde. Die Studie zeigt aber, wo die Dozierenden studentische Kreativität lokalisieren: In der (1) studentischen Selbstreflexion, (2) unabhängigen Entscheidungsfindung, (3) Neugier und Motivation, (4) Produktion und (5) der Entwicklung origineller neuer Ideen. Diese Ergebnisse liefern ein Verständnis von Kreativität aus der Perspektive von Hochschullehrerinnen, welches für die zukünftige Gestaltung von Ausbildungsangeboten wertvoll sein könnte.

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Bericht der EHB im Auftrag des SBFI

Herausforderungen der Berufs(feld)entwicklung

Daniel Fleischmann

Die EHB hat die Instrumentarien der Berufsfeldentwicklung untersucht. Das Autorenteam macht dabei interessante Hinweise auf die künftige Gestaltung solcher Prozesse. So wird empfohlen, Innovation in der Berufs(feld)entwicklung – insbesondere das Ausprobieren neuer Ansätze – systematischer mitzudenken. Zur Bewältigung des Klimawandels seien politische Massnahmen notwendig. Der Bericht aus der Feder von Filippo Pusterla, Jürg Schweri, Alexandra Strebel und André Zbinden ist im Auftrag des SBFI entstanden. Er basiert auf einer Literaturstudie sowie Interviews mit Expertinnen und Experten ausgewählter Berufsfelder.

Pilotversuch an der EHL Hotelfachschule Passugg

Affective Hospitality: So begegnet man Menschen mit Empathie

Beatrice Schweighauser

Die Bedeutung von Emotionen oder emotionaler Intelligenz rückt immer mehr ins Bewusstsein von Führungspersonen und Ausbildungsanbietern. An der Höheren Fachschule an der EHL Passugg ist vor einem Jahr ein Pilotversuch gestartet, der angewandte emotionale Intelligenz in der Hotellerie und Gastronomie fördert. «Affective Hospitality» bildet ein Kernstück im überarbeiteten Lehrplan der Hotelfachschule. Studierende und Mitarbeitende lernen, wie emotional intelligentes Verhalten und Zusammenarbeiten in der Praxis funktioniert. Das Lernfeld soll über den Lehrplan hinaus Wirkung zeigen.

Studie des Schweizerischen Observatoriums für die Berufsbildung OBS EHB

Höhere Fachschulen: Nach Corona weiter wie vorher?

Corona hat den Unterricht an Höheren Fachschulen von einem Tag auf den anderen auf den Kopf gestellt. Ein neuer «Trend im Fokus»-Bericht des OBS EHB zeigt, wie nachhaltig die erfolgten Veränderungen auf Ebene Unterricht und Schulorganisation sind. Zusammenfassend lassen sich drei Strategien im Umgang mit der digitalen Transformation identifizieren:

  1. Innovationen in der Unterrichtsgestaltung,
  2. strukturelle Innovation der Unterrichtsformate sowie
  3. Stagnation, das heisst Beibehalten des Bewährten.

Die Studie bilanziert, dass die grosse Mehrheit der Bildungsinstitutionen in der Schweiz nach dem Online-Hype im Lockdown nicht in die vordigitale Zeit zurückfallen dürfte.

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Evaluation BM SEK+

Schon in der dritten Sekundarschule Richtung Berufsmaturität

Lea Gnos, Anna Hofstetter, Fabio Käslin & Silke Fischer

Seit August 2021 können Lernende der 3. Sekundarklasse im Kanton Luzern einen Tag pro Woche den Berufsmaturitätsunterricht (BM) besuchen. Dass die Lernenden während des letzten Schuljahrs der obligatorischen Schulzeit bereits einen Bildungsgang der Sekundarstufe II besuchen ist schweizweit einzigartig. Nun stehen die ersten Erfahrungswerte zur BM SEK+ zur Verfügung. Sie zeigen hohe Zustimmung aller Beteiligten – auch wenn die Dropoutquote höher ist als sonst in der BM.

20 Jahre Berufsbildungsgesetz

Das Berufsbildungsgesetz muss weiterentwickelt werden

Peter Tresoldi

Kaum ein Gesetz hat so viele Innovationen ausgelöst wie das Berufsbildungsgesetz vom 1. Januar 2004. Es hat viele Probleme beseitigt und die Schweizer Berufsbildung auf ein neues Level gehoben. Aber auch das beste Gesetz sollte nach den ersten Erfahrungen evaluiert und ständig weiterentwickelt werden. Dass das in der Berufsbildung nicht passiert, ist für die deren Zukunft schade. Darunter leiden unter anderem besonders talentierte Jugendliche, aber auch die schwächeren Lernenden.

Der Kanton Waadt will die Berufsbildung stärken

Junior Team als Alternative zum klassischen dualen Modell

Guillaume Ruiz & Hervé Munz

In den meisten europäischen Ländern hat die berufliche Grundbildung an Attraktivität eingebüsst. Das gilt auch für die Schweiz, besonders in der Westschweiz. Der Kanton Waadt versucht seit einigen Jahren, dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Zu den innovativen Projekten gehört die Berufsbildung im Junior Team – Teams von Lernenden in den Betrieben, die denselben Beruf erlernen und von einem Vollzeitmitarbeiter betreut werden. Ziel sind die Erhöhung der Anzahl der Lehrstellen, die Förderung der Ausbildungsqualität und die Verbesserung des Images der beruflichen Grundbildung bei Jugendlichen und Eltern. Die ersten Ergebnisse dieses Projekts sind zwar vielversprechend. Aber die Herausforderungen für die beteiligten Unternehmen sind nicht zu unterschätzen.

SwissSkills-Studie «Erwartungen der Gen Z an die Arbeitswelt»

Gen Z will ein gutes Arbeitsklima sowie Wertschätzung

Welches sind entscheidende Faktoren für die längerfristige Gewinnung, Entwicklung und Bindung von 18- bis 27-jährigen Berufstalenten in der Schweiz? Eine Studie von SwissSkills gibt Antworten; ihre Basis bilden die Aussagen von 600 Personen zwischen 17 bis 27 Jahren, die bei den SwissSkills Ambassadors waren oder selber teilgenommen haben. Eine von vielen Feststellungen: Vorgesetzte sollten ihre Rolle neu definieren, wenn sie junge Leute ausbilden. Statt der klassischen Chefin oder dem Chef braucht es Coaches oder Mentorinnen. Ein gutes Arbeitsklima, das Team und gute Kolleginnen sind sowohl für Frauen (94%) als auch für Männer (87%) der wichtigste Grund für die Wahl des Arbeitgebers.

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Folio-Kolumne von Dieter Euler

Verhindern digitale Medien die Entwicklung von Lesekompetenzen?

Dieter Euler

Gefährden digitale Medien die Lesekompetenzen von Jugendlichen? Die Frage verlangt nach einer differenzierten Antwort. Während das Lesen auf bzw. mit digitalen Medien primär der Suche von relevanten Informationen oder dem Vergnügen dient, erfordert das verstehende Lesen eine andere Haltung – Konzentration, Anstrengung und begleitende Techniken des Behaltens und Strukturierens.

Gesundheitsausbildungen im Vergleich

Bedrohliche Konkurrenz oder unausgeschöpftes Potenzial?

Raffaella Simona Esposito

Trotz ihres Potenzials zur Bewältigung des Fachkräftemangels werden die Fachmittelschulen (FMS) mit Berufsfeld Gesundheit im Gegensatz zur beruflichen Grundbildung zur Fachfrau / zum Fachmann Gesundheit bildungspolitisch kaum gefördert und in der deutschen Schweiz sogar angefeindet. Dabei weist eine Gesundheitsausbildung im Rahmen der FMS Gesundheit ein deutlich anderes Profil auf als jene in der beruflichen Grundbildung. Dies zeigt der vorliegende Beitrag anhand von vier kantonalen Fallstudien.

Studie der Universität Bern

Geschlechtsspezifische Stellenpräferenzen: Gehalt, Flexibilität oder Karrierechancen?

Ein kollegiales Arbeitsumfeld und berufliche Aufstiegsmöglichkeiten sind für junge Erwachsene die wichtigsten Faktoren bei der Wahl einer neuen Arbeitsstelle. Dabei messen Frauen den Karriereaussichten ihres neuen Arbeitsplatzes zwar grosse Bedeutung bei, jedoch in geringerem Masse als Männer gleichen Alters. Im Vergleich zu Männern sind Frauen weniger bereit, Karriereaussichten auf Kosten anderer Arbeitsplatzmerkmale, insbesondere der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, in den Vordergrund zu stellen. Dies ist ein Ergebnis einer experimentellen Studie von Madlaina Jost und Dr. Sara Möser (beide Universität Bern). Diese Unterschiede kommen nicht zuletzt über Vorstellungen zur Familienbildung zustande. Männer und Frauen, die Kinder planen und traditionelle Vorstellungen über die Arbeitsteilung im Haushalt haben, gewichten Arbeitsverhältnisse stärker nach Geschlechterrollen als andere.

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Dissertation zu Bildungs- und Berufswegen von Kaufleuten mit BM

Wie weiter nach der Berufsmaturität?

Michael Jöhr

Vier von fünf Lernenden, die eine Berufsmaturität (BM) erworben haben, treten innerhalb von 54 Monaten in ein Studium auf Tertiärstufe über. Damit leistet die BM einen wichtigen Beitrag zum Prinzip der Durchlässigkeit des Bildungssystems. Was die Jugendlichen mit einer kaufmännischen BM zu ihrem Entscheid bewegt, bildet Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Sie zeigt, dass es durchaus unterschiedliche Gründe für ein Studium gibt; der Autor arbeitet vier typische Profile heraus, zwei davon führen vom gelernten Beruf weg. Und es zeigt sich: Die Beziehung zur berufsbildenden und vorgesetzten Person wird als wichtiges Element in der Auseinandersetzung mit der eigenen Weiterentwicklung betrachtet.

Swisscom rekrutiert Jugendliche über Videointerviews

«Mensch vor Dossier»: Erste Erfahrungen

Daniel Fleischmann

Wer bei Swisscom eine Lehre absolvieren möchte, braucht für die Bewerbung seit einem Jahr kein Dossier mehr vorzuzeigen. Stattdessen präsentieren sich die Jugendlichen in einem ersten Schritt über ein zeitversetztes Videointerview. Im Gespräch mit Transfer zieht Marc Marthaler, Head of Next Generation bei Swisscom, eine erste, positive Bilanz des auf zwei Jahre geplanten Pilotprojekts «Mensch vor Dossier». In manchen Berufen waren die Lehrstellen schon recht rasch besetzt. Jugendliche haben ab 1. August die Möglichkeit, sich für die Ausbildungsplätze von 2024 zu bewerben.

EHB-Forschungsprojekt

Nachhaltige Lernkultur in einer sich schnell verändernden Arbeitswelt

Wer neue Ideen in die betriebliche Grundbildung bringen möchte, muss sie bei allen beteiligten Akteuren plausibel machen. Das gelingt am besten auf der Basis einer gelebten Lernkultur. Dies ist die Grundthese eines EHB-Forschungsprojektes, über das vier Autorinnen in einem Sammelband der AGBNF berichten. Das Projekt basiert auf vier Fallstudien zu Lernkulturen in Unternehmen, insgesamt wurden 177 Interviews durchgeführt. In einem Modell fassen die Autoren ihre Thesen zusammen. Dabei werden die Rolle von Lernkulturen in der Berufsbildung sowie wichtige Aspekte, Interaktionen und Spannungsverhältnisse innerhalb der Organisationen und deren Akteuren in einer sich wandelnden Umwelt beleuchtet.

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