Berufsbildung in Forschung und Praxis
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3. Nationale Austauschwoche vom 24. bis 28. November 2025

«Der Austausch soll zur Berufsbildung gehören wie die Arbeit oder die Schule»

Endlich ist auch die Berufsbildung an Bord: Vom 24. bis 28. November findet die nationale Austauschwoche statt. Dafür hat Movetia das Förderangebot der Kurzpraktika geschaffen, das Berufsfachschulen und ausbildenden Betrieben eine sehr niederschwellige Möglichkeit zur Teilnahme anbietet. In Rahmen solcher Praktika erfahren Lernende, wie es ist, einem anderen Betrieb und Landesteil zurecht zu kommen und zu arbeiten. Das Kurzpraktikum ergänzt die Förderaktivitäten von Movetia im Bereich der Berufsbildung. Das Ziel der EDK-Fachagentur ist es, den nationalen oder internationalen Austausch zu einem festen Bestandteil der Berufsbildung zu machen.


Julia Burkhard ist wissenschaftliche Mitarbeiterin Berufsbildung bei Movetia.

Julia Burkhard, Ende November findet die 3. Nationale Austauschwoche statt, und erstmals ist auch die Berufsbildung dabei. Wozu dient diese Woche?

Movetia möchte mit der Woche den Gedanken des Austauschs stärken und sichtbarer machen. Wir wollen Schulen, Betriebe und die breite Bevölkerung für das Thema sensibilisieren und niederschwellige Angebote zu schaffen. Die Idee des nationalen Austausches soll einen festen Platz in der Agenda bekommen, auch wenn Austauschaktivitäten natürlich das ganze Jahr stattfinden.

Welche Aktivitäten sind auf Ebene Berufsbildung möglich?

Im Zentrum stehen das neue Gefäss des Kurzpraktikums, der Klassenaustausch und eine grosse Veranstaltung. Hier wird auch Bundesrat Guy Parmelin dabeisein.

Einladung zum Fokusevent: Grosse Bühne für die Berufsbildung

Einen Höhepunkt der 3. nationalen Austauschwoche bildet der «Fokusevent nationale Austauschwoche 2025», an der auch Bundesrat Guy Parmelin teilnehmen und sprechen wird. Der zweieinhalb Stunden dauernde Anlass steht ganz im Zeichen der Berufsbildung: So werden die Preisträger des nationalen Austauschpreises der Oertli-Stiftung prämiert, der dieses Jahr in der Berufsbildung ausgerichtet wurde. Zudem findet eine Podiumsdiskussion über die Herausforderungen des Austauschs in der Berufsbildung statt. Der Anlass findet am Dienstag, 25. November 2025 von 11.30 bis 14.00 Uhr in Bern statt. Die Teilnahme ist kostenlos. Anmeldungen sind hier möglich.

Was zeichnet das neue Kurzpraktikum aus?

Das Kurzpraktikum – vorerst ein Modellversuch – ergänzt unsere Berufspraktika, die mindestens eine Woche dauern. Es ist eine Art Schnupperlehre, die zwischen zwei und fünf Tagen dauert und im Zeitraum der Austauschwoche oder kurz davor oder danach stattfindet. Das Kurzpraktikum ist äusserst niederschwellig und ermöglicht erste Erfahrungen mit dem Thema Austausch. Während der Austauschtage hält sich eine Lernende in einem Partnerbetrieb einer anderen Sprachregion auf. Ein Gegenbesuch kann folgen, muss aber nicht.

Wer organisiert die Details wie Betrieb, Zeitpunkt und Unterkunft?

Das ist die Aufgabe der Schulen oder der Betriebe; sie können sich bei Movetia anmelden und finanzielle Unterstützung anfordern. Aber auch die Lernenden können sich einbringen. Ein Beispiel: Im Rahmen eines Kurzpraktikum könnte eine Hotelkommunikationsfachfrau drei Tage in einem Hotelbetrieb in einer anderen Sprachregion verbringen und vor Ort übernachten. Das ist fordernd, aber eben auch fördernd. Ein zweites Beispiel: Im Rahmen der bereits laufenden Berufspraktika arbeiten angehende Fachfrauen Gesundheit während einer Woche in einer Apotheke; die Unterkunft und den Betrieb müssen sie selber organisieren. Dadurch entstehen sehr individuelle Lösungen etwa der Unterbringung.

Movetia fördert das Kurzpraktikum. Was heisst das finanziell?

Movetia stellt grosszügige Fördergelder bereit, eine Organisationspauschale von 250 Franken, Reisekosten von 100 Franken und täglich 25 Franken Sackgeld. Zusätzliche indirekte Kosten dürften gering bleiben.

Was lernen die Jugendlichen im Kurzpraktikum?

Es konfrontiert sie mit neuen Situationen, einem neuen kulturellen Umfeld, einem anderen Betrieb – und das in einer Sprache, die sie zunächst nicht so gut beherrschen. Das sind wichtige Erfahrungen. Sie begegnen neuen Organisationsformen, vielleicht neuen technischen Verfahren und müssen intensiv kommunizieren. Der Austausch stärkt auch den Blick für den eigenen Betrieb und inspiriert vielleicht sogar zu neuen Ideen. Umgekehrt werden die Jugendlichen während des Austausches in vielen Fällen von gleichaltrigen Lernenden begleitet; auch für sie ist das eine wertvolle Erfahrung. Sie übernehmen Verantwortung, lernen Empathie, organisieren die Tage.

Und welchen Vorteil haben die Betriebe?

Sie gewinnen für eine kurze Zeit eine zusätzliche Fachkraft, die sie einsetzen können, aber auch frische Perspektiven und Ideen. Die Betriebe können zudem vom Ausbau ihres Netzwerks profitieren und zeigen sich in der Öffentlichkeit als engagierte, attraktive Lehrbetriebe. Das Kurzpraktikum ist ein idealer Einstieg, um den Austausch zu üben, ins Ausbildungsprogramm zu integrieren und langfristige Partnerschaften zu knüpfen.

Was geschieht während des Klassenaustausches?

Im diesem Rahmen treffen sich jeweils zwei oder mehrere Schulklassen aus der Romandie, dem Tessin und der deutschen Schweiz während eines Tages; den Ort dafür können sie frei wählen. Die Klassen tauschen sich dann zu bestimmten Themen aus oder absolvieren ein Programm. Die Lehrpersonen können diese Aktivitäten selber organisieren oder sie nutzen die Vorschläge von Movetia oder Partnerinstitutionen, beispielsweise Museen. Solche Aktivitäten sind das ganze Jahr über möglich, aber mit der Austauschwoche erhalten sie besondere Aufmerksamkeit.

Movetia-Statistik: So mobil sind die Lernenden schon heute

Noch sind Austauschaktivitäten in der Berufsbildung nicht weit verbreitet. Aber die Zahlen steigen – und werden mit der Teilnahme an Erasmus+ ab 2027 weiteren Schub erhalten.

Wie findet eine interessierte Lehrperson eine Partnerklasse?

Dafür gibt es die digitale Plattform matchnmove. Hier kann man nach einem Austauschpartner suchen, Ideen für Aktivitäten oder Planungshilfen finden oder sich von Beispielen aus der Praxis inspirieren lassen. Die Plattform ermöglicht Schulklassen oder Gruppen auch, sich zu treffen und austauschen. Matchnmove ist ein toller Werkzeugkoffer für die Organisation des Klassenaustausches. Natürlich läuft der Austausch aber auch oft über persönliche Netzwerke. Viele Schulen haben bereits sogenannte Austausch- oder Mobilitätskoordinatoren, die Projekte begleiten, national wie international und in Zusammenarbeit mit Movetia.

Können Sie Beispiele solcher Klassenaustausche erzählen?

Die Fachklasse von Grafikern einer Berufsfachschule absolvieren traditionell während sechs Monaten Praktika in diversen Studios und Ateliers in der Romandie oder dem Tessin. Ein anderes Beispiel sind KV-Lernende einer Bank, die während zwei Wochen in der Bank eines anderssprachigen Kantons zum Einsatz kommen – und Gegenbesuch erhalten. Das Projekt wird von der Berufsfachschule eingereicht und betreut, die Partnerschaft aber besteht zwischen den Banken.

Movetia hat ihre Aktivitäten im Bereich der Berufsbildung in den letzten Jahren deutlich verstärkt. Warum?

Wir sind überzeugt, dass frühzeitige interkulturelle Erfahrungen die persönliche Entwicklung der Jugendlichen stärken; sie öffnen den Blick für andere Lebenswelten, für andere Modelle, für Innovation. Aus Sicht der Betriebe wirken die Erfahrungen wie frisches Blut: Die Jugendlichen kommen gereift zurück. Mit der Möglichkeit des Austausches kann die Berufsbildung auch als Bildungsstufe punkten. Und schliesslich stärken Austauschaktivitäten den gesellschaftlichen Zusammenhalt der Schweiz. Letztlich tragen diese Begegnungen zur Demokratie bei, denn sie helfen, sich in einer pluralen Gesellschaft zurechtzufinden. Der Austausch soll zur Berufsbildung gehören wie Arbeit oder Schule. Wir wünschen uns ein schweizweites Netzwerk von Akteuren in der Berufsbildung.

Gibt es Hindernisse im Austauschprozess?

Die Lernenden sind während einiger Tage oder – je nach Modell – Wochen nicht im Lehrbetrieb, das lässt sich nicht bestreiten. Zudem entsteht ein organisatorischer Aufwand, vor allem am Anfang. Aber was zurückkommt, wiegt jedoch weit mehr als das: Die Lernenden kehren meist selbständiger zurück, zudem steigen Attraktivität und Sichtbarkeit der Berufsbildung und der beteiligten Firmen.

Welche weiteren Aktivitäten planen Sie zur Förderung des Austauschs in der Berufsbildung?

Wir sind gespannt auf die Erfahrungen, die wir mit den Kurzpraktika machen und werden diese auswerten. Ab nächstem Jahr steht dann zusätzlich eine Matchmaking-Plattform zur Verfügung, die – analog zur erwähnten Plattform für den Klassenaustausch – individuelle Aktivitäten unterstützt. Hier können dann Bildungsinstitutionen oder Betriebe unkompliziert Partner für Austausche finden.

3. Nationale Austauschwoche

Kurzpraktikum

Klassentausch

Zitiervorschlag

Fleischmann, D. (2025). «Der Austausch soll zur Berufsbildung gehören wie die Arbeit oder die Schule». Transfer. Berufsbildung in Forschung und Praxis 10 (14).

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