Studie der EHB und der Universität Freiburg untersucht das Potenzial neuer Lernkulturen
So fördert der Detailhandel sozialen Aufstieg
Die Förderung von transversalen Kompetenzen, das selbstgesteuerte Lernen, der Einsatz von digitalen Lernmedien – das sind wichtige Elemente der laufenden Reform der beruflichen Grundbildung im Detailhandel. Ein grosses Unternehmen hat diese Elemente einer neuen Lernkultur bereits schon jetzt umgesetzt. Es leistet damit einen Beitrag zum sozialen Aufstieg der Lernenden, wie ein Forschungsprojekt der EHB und der Universität Freiburg zeigt. Und es steigert das Ansehen des Berufes.
Der Detailhandel ist für viele Jugendliche nicht die erste Wahl, nicht zuletzt wegen des geringen beruflichen Prestiges.
Der Detailhandel ist der zweitgrösste Wirtschaftszweig der Schweiz und einer der grössten Akteure in der Ausbildung von Lernenden. Viele Jugendliche mit einem eher tieferen Abschluss der obligatorischen Schule und ein grosser Anteil an sozial benachteiligten Gruppen, insbesondere Frauen mit Migrationshintergrund, finden den Weg in die Detailhandelslehre (Büchler et al., 2017). Mit der Einbindung verschiedener Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt erfüllt die Berufsbildung im Detailhandel eine wichtige gesellschaftliche Funktion.
Allerdings weist die viel gelobte duale berufliche Grundbildung der Schweiz (Backes-Gellner & Pfister, 2019) gerade im Detailhandel auch Mängel auf: Der Detailhandel ist für viele Jugendliche nicht die erste Wahl, nicht zuletzt wegen des geringen beruflichen Prestiges (Duemmler & Caprani, 2017). Eine weitere Herausforderung ist der industrielle und digitale Wandel der letzten Jahre. Er brachte unter anderem komplexere und anspruchsvollere Arbeit sowie eine Anpassung der betrieblichen Abläufe mit sich (BAK Economics, 2022).
Was sind Lernkulturen?
Die Gestaltung von Lernkulturen widerspiegelt, wie Unternehmen beim betrieblichen Lernen auf wirtschaftliche, technische und gesellschaftliche Veränderungen und Innovationen reagieren (Sonntag et al. 2004). Laut Porcu (2020) fördern Lernkulturen ein soziales Klima, das die Menschen dazu anregt, gemeinsam zu arbeiten und gemeinsam zu lernen. Dazu sei es nötig, den beteiligten Personen die nötige Autonomie zu bieten, um flexibel zu sein, zu experimentieren, kreativ zu sein, zu reflektieren, zu entdecken, Möglichkeiten zu erforschen und sich beruflich weiterzuentwickeln. Damit werden langfristig bessere Voraussetzungen für die persönliche berufliche Entwicklung, aber auch für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen geschaffen.
In der vorliegenden Fallstudie interessierten wir uns deshalb, wie sich die branchenspezifischen Veränderungen auf die Erneuerung der Berufsbildung und deren Ausrichtung auf Jugendliche mit unterschiedlichen Voraussetzungen auswirken. Ziel war es einerseits zu erforschen, wie sich die Lernkultur in einer Branche aufgrund neuer Kompetenzanforderungen verändert, und andererseits, wie Lernende für die zukünftige Arbeit ausgebildet und ihr sozialer Aufstieg gefördert werden können. Die Untersuchung in einem der grössten Detailhandelsunternehmen der Schweiz soll ein besseres Verständnis für die gesellschaftliche Rolle der Berufsbildung im Handel, ihre potenzielle Integrationsfunktion und mögliche Chancen für den sozialen Aufstieg bieten.
Wie wir vorgegangen sind
Die berufliche Grundbildung im Detailhandel wird derzeit umfassend überarbeitet und an die neuen Bedürfnisse und Erwartungen angepasst (siehe www.bds-fcs.ch). Für die vorliegende Fallstudie haben wir ein Unternehmen ausgewählt, das die Bildungsrevision in allen Filialen schweizweit bereits umgesetzt und damit begonnen hat, die beteiligten Akteurinnen und Akteure entsprechend zu schulen. Der Fokus des neuen Ausbildungskonzepts liegt auf der Förderung von transversalen Kompetenzen, dem selbstgesteuerten Lernen und dem Einsatz von digitalen Lernmedien.
Um zu untersuchen, wie diese neue Lernkultur die soziale Inklusion in der Berufsbildung fördert, wurden zwischen März und Juli 2021 halbstrukturierte Interviews mit insgesamt 45 Lernenden, Berufsbildnerinnen und Berufsbildnern, Regionalverantwortlichen und Mitgliedern der Geschäftsleitung in der französisch- und deutschsprachigen Schweiz geführt. Die Teilnehmenden in unserer Fallstudie sind am Lernen am Arbeitsplatz selber beteiligt und im neuen Ausbildungskonzept des Unternehmens involviert. Bei der Stichprobe haben wir auf eine möglichst repräsentative Verteilung für die deutsch- und französischsprachige Schweiz sowie für die verschiedenen Berufsbildungsbereiche des Unternehmens im Detailhandel geachtet. Die Rekrutierung wurde von den Verantwortlichen für die Berufsbildung des Unternehmens unterstützt. In den Interviews baten wir die interviewten Personen, sich zu folgenden Themen zu äussern:
- Rolle der Berufsbildung für die Schweizer Gesellschaft,
- spezifische Programme zur Förderung der beruflichen Fähigkeiten und Kompetenzen der Lernenden,
- Förderung von Talenten und die Unterstützung von Lernenden mit Lernschwierigkeiten und schliesslich
- Rolle der Berufsbildnerinnen und Berufsbildner bei der Unterstützung der Lernenden im Sinne der neuen Lernkultur des Unternehmens.
Die Interviews wurden in einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Kuckartz (2016) codiert und in einem iterativen Prozess durch Literaturrecherche weiter ausgearbeitet.
Resultate
Die Umsetzung des neuen Ausbildungskonzepts scheint die Attraktivität der Ausbildung und des Berufs zu erhöhen.
Aus den Interviews geht sowohl eine optimistische wie auch eine eher kritische Perspektive auf das Potenzial neuer Lernkulturen bei der Förderung des sozialen Aufstiegs hervor.
Die Umsetzung des neuen Ausbildungskonzepts scheint die Attraktivität der Ausbildung und des Berufs zu erhöhen. Die neue Lernkultur steht für ein neues Verständnis von Kompetenzentwicklung mit einer stärkeren Betonung der Entwicklung von transversalen Kompetenzen wie Selbständigkeit, Verantwortung, Kreativität usw. Jungen, oft weiblichen Lernenden aus unterschiedlichen, meist eher benachteiligten sozialen Verhältnissen erhalten viele Möglichkeiten, ihren sozialen Status zu erhöhen und ihre soziale Integration während und nach der Ausbildung zu verbessern (z.B. durch den Wechsel zwischen den unterschiedlich anspruchsvollen Ausbildungsprogrammen Eidgenössisches Berufsattest (EBA) und Eidgenössischem Fähigkeitszeugnis (EFZ), Weiterbildungsangebote, fachliche Spezialisierungen, Wechsel der Arbeitsorte usw.). Die verbesserte Ausbildung hat das Potenzial, den sozialen Aufstieg zu fördern. Dabei verstehen wir sozialen Aufstieg als das Ergebnis individueller menschlicher Entwicklung, sozialer Mobilität und sozialer Inklusion unterprivilegierter sozialer Gruppen in der Gesellschaft (z.B. Blau, 1960; Ebert, 2016; Kuhlmann, Mogge-Grotjahn & Balz, 2018; Neelsen, 1975).
In den Interviews wurde aber auch darauf hingewiesen, dass diese gesellschaftlich wichtige Funktion nicht unbedingt populär sind und die Akteurinnen und Akteure den sozialen Aufstieg eher als positiven Nebeneffekt denn als explizites Bildungsziel sehen.
Das Detailhandelsunternehmen in der vorliegenden Fallstudie fördert die soziale Eingliederung und den Aufstieg von weniger privilegierten Mitgliedern der Gesellschaft, indem es seinen Lernenden einen niedrigschwelligen Zugang in die Ausbildung (z.B. durch die Möglichkeit des Wechsels zwischen unterschiedlich anspruchsvollen Ausbildungsprogrammen EBA und EFZ) und flexible Karrierewege (fachliche Spezialisierung und interne Weiterbildungen während und nach der Ausbildung) bietet. Eine Person aus dem Management erklärt:
Wir haben ganz viele Leute hier, die nirgendwo hineingekommen wären, wenn es das duale Bildungssystem nicht geben würde. Die wären sonst irgendwohin abgeschossen. Es müssen nicht alle Geschäftsführer werden. Aber vielleicht einmal eine Abteilung führen, das kann hier jeder auch mit einem EBA-Abschluss bei uns. Auch das ist ein berufliches Weiterkommen.
Aus den Interviews geht hervor, dass das Lernen am Arbeitsplatz im Detailhandel für sozial benachteiligte Lernende das Potenzial hat, ein problematisches Umfeld (Familie, Gleichaltrige und Schule) zu verlassen und in eine neue Gemeinschaft von Menschen mit ähnlichen Erfahrungen und Hintergründen einzutreten und so einen Neuanfang in einem unterstützenden Bildungs- und Arbeitsumfeld zu wagen. Die neue Lernkultur kann das Verantwortungsbewusstsein und die Selbstwirksamkeit der Lernenden fördern und damit ihre Chancen auf Beschäftigung und beruflichen Aufstieg erhöhen. Dies lässt sich am besten anhand der Aussage eines Lernenden veranschaulichen, der die Möglichkeit erhielt, dem Marktleiter zu assistieren:
Der stellvertretende Geschäftsführer hat dann zu mir gesagt, dass er mir eine gewisse Führungsrolle gibt. Wenn ich irgendwelche Fragen hätte, könnte ich mich an ihn wenden. Aber er sagte auch, dass er mir vertraue und dass ich das Team dort durchaus führen könne, dass ich die Kompetenz habe, das ganze Team ein bisschen zusammenzuhalten.
Unsere Fallstudie zeigt, dass innovative Berufsbildung nicht auf prestigeträchtige Sektoren (z.B. den IT-Sektor) beschränkt ist, in denen die talentiertesten Lernenden rekrutiert werden können. Innovative Lernkulturen können auch in Berufen mit geringem Prestige wie dem Detailhandel funktionieren, wo der positive pädagogische Nebeneffekt der Förderung des sozialen Aufstiegs stärker sein könnte. Die Beschreibung eines Berufsbildners ist beispielhaft:
Ich kümmere mich um diese jungen Menschen. Ich begleite sie. Meine Jugend, wie ich aufgewachsen bin, verlief auch nicht immer gradlinig. Ebenso wenig wie meine eigene Schulzeit und Ausbildung. Die meiste Zeit verbringen sie [die Lernenden] mit ihren Familien, ihrer Freizeit, ihren Freunden – was für sie wichtig ist. Deshalb kann ich sie auch in Dingen auffangen, die nicht nur mit der Arbeit zu tun haben.
Die Einschätzung verdeutlicht die wichtige Rolle der Berufsbildenden für die soziale Entwicklung und Förderung ihrer Lernenden.
Die Einschätzung verdeutlicht die wichtige Rolle der Berufsbildenden für die soziale Entwicklung und Förderung ihrer Lernenden. Sie übernehmen Rollen, die nicht explizit als ihre beruflichen Rollen formuliert sind und so auch nicht vom Management verlangt werden. Deshalb scheinen diese sozialen Rollen für viele Befragte zwar selbstverständlich, aber nicht unbedingt ein bewusster Teil ihrer beruflichen Identität zu sein. Allerdings sind diese Rollen aus der Perspektive des sozialen Aufstiegs ebenso relevant wie andere Rollen im Zusammenhang mit der Berufsausbildung.
In den Interviews wird aber auch auf Faktoren hingewiesen, die den sozialen Aufstieg behindern. Dazu gehören resistente Strukturen beim Lernen am Arbeitsplatz wie z.B. der negative Ruf des Detailhandels in der Gesellschaft. Wenn Eltern und Lehrer negative Assoziationen mit dem Detailhandel aufrechterhalten, kann sich dies auf ihre Kinder oder Schüler auswirken und so den negativen sozialen Reproduktionszyklus weiter fördern.
Meine Mutter hat total Panik geschoben und wollte, dass ich lieber ins Büro oder so gehe. Sie meinte: «So kommst du nicht weiter. Das kann sogar ich machen. Alle können einfach im Laden stehen und Regale füllen.» Mein Vater meinte, dass ich das machen soll, was mich glücklich macht. Das hat mich schon unterstützt. Ich weiss, dass beide ziemlich negativ eingestellt waren, als ich die Lehre begonnen hatte. Sie haben sich gefreut, dass ich eine Lehre mache, aber sie fanden es nicht toll, dass ich im Detailhandel arbeite. Ich weiss, dass sie wollten, dass ich etwas anderes mache. In ihren Augen halt etwas «Besseres» […] Aber es hätte mich nicht glücklich gemacht, den ganzen Tag in einem Büro zu sitzen.
Auf Ebene des Managements wird befürchtet, dass durch den niedrigschwelligen Zugang zur Ausbildung ein «Auffangbecken» für schwächere Lernende entsteht. Dies wäre im Widerspruch zu den wirtschaftlichen Zielen der Berufsbildung, weshalb bisher nicht explizit und öffentlich für die soziale Funktion der Berufsbildung im Detailhandel geworben wird. Unsere Fallstudie hat ausserdem gezeigt, dass neue Lernkulturen eine Herausforderung darstellen, wenn es darum geht, auf dem schmalen Grat zwischen der Erfüllung der komplexen gewerblichen Anforderungen und der Überforderung der Lernenden zu balancieren. Schliesslich gehen neue Lernkulturen mit neuen Erwartungen und Veränderungen einher, an die sich die Akteurinnen und Akteure anpassen müssen. Eine Person aus dem Management erklärte:
Die Vorgesetzten der Lernenden arbeiten oft noch nach den Vorstellungen des alten Ausbildungskonzepts und wollen sich nicht an die neuen Ideen anpassen. Wir müssen versuchen, sie zu überzeugen, indem wir ihnen die Vorteile des neuen Ausbildungskonzepts aufzeigen. Das wird immer weniger ein Problem und wir sind uns bewusst, dass es noch eine Weile dauern wird, bis alles wirklich funktioniert. Ein Projekt wie dieses braucht Unterstützung, und die bieten wir.
Daher ist die Einführung einer neuen Lernkultur ein Prozess, der die Wahrnehmung, Aushandlung, Normalisierung und Umsetzung von Veränderungen betrifft. Damit einher geht auch eine Veränderung der beruflichen Rolle vieler Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sowie wichtige Aushandlungsprozesse bei allen beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Diese Aushandlungsprozesse diskutieren wir in zwei anderen Studien ausführlicher (Raemy & Barabasch 2022a; Raemy & Barabasch 2022b).
Schlussfolgerungen
Die vorliegende Studie untersuchte die Wahrnehmung von Lernenden und weiteren, an der betrieblichen Berufsbildung beteiligten Akteurinnen und Akteuren. Uns interessierte, wie neue Lernkulturen den sozialen Aufstieg in einem bestimmten Unternehmenskontext fördern können. Grundsätzlich gingen aus den Interviews folgende Themen hervor:
- Das Unternehmen in der Fallstudie bietet seinen Lernenden einen niedrigschwelligen und fairen Ausbildungszugang an. Den Lernenden werden so partizipatives Engagement und selbstbestimmter Erfolg ermöglicht. Es gibt allerdings auch kritische Stimmen, die befürchten, dass die Berufsbildung im Detailhandel ein «Auffangbecken» für sozial benachteiligte, schwächere Lernende werden könnte.
- Berufsbildnerinnen und Berufsbildner identifizieren sich mit sozialen Rollen, die vom Unternehmen zwar nicht explizit gefordert werden, aber für die Lernenden (und deren sozialen Aufstieg) relevant sind.
- Lernende mit unterschiedlichem Hintergrund erhalten während und nach der Ausbildung viele Möglichkeiten, ihren sozialen Status zu erhöhen und ihre soziale Integration zu verbessern.
- Innovative, attraktive Berufsbildung scheint nicht nur in prestigeträchtigen Branchen, wo die begabtesten Lernenden rekrutiert werden können (z.B. IT-Sektor), möglich zu sein. Auch in Berufen mit geringem Prestige wie dem Detailhandel, wo Menschen mit unterschiedlichem sozialem Status und Hintergrund in Arbeit und Gesellschaft eingebunden sind, scheint dies möglich zu sein.
- Die Reputation des Detailhandels beeinflusst die Einstellung des Umfelds der Jugendlichen negativ. Die positiven Aspekte des neuen Ausbildungskonzepts sind noch zu wenig bekannt.
- Die Implementation von neuen Lernkulturen und Ausbildungskonzepten braucht Zeit und die Akzeptanz aller beteiligten Akteurinnen und Neue Ideen und Handlungsstrukturen sollten deshalb in einem konsensbildenden Prozess ausgehandelt werden, damit neues Lernen und Handeln von allen beteiligten Personen internalisiert werden kann.
- Die gesellschaftliche Funktion des Detailhandels als einer Branche, die zahlreiche Entwicklungschancen bietet, sollte öffentlich besser kommuniziert werden. So können unternehmens- und branchenübergreifend soziale Aufstiege gefördert werden. Dies hätte letztlich auch positive Auswirkungen auf das Prestige des Detailhandels.
Zusammenfassung
Interviews mit 45 Akteurinnen und Akteuren zeigten, wie Lernende während und nach der Ausbildung Möglichkeiten erhalten, ihren sozialen Status zu erhöhen
Ziel unserer Studie war es zu erforschen, wie neue Lernkulturen die vielen neuen Bedürfnisse des Detailhandels erfassen können und wie Lernende für künftige Tätigkeiten ausgebildet werden können. Aufgrund des induktiven Charakters der Studie fanden wir, dass eine eher implizite, aber wichtige Rolle der beruflichen Aus- und Weiterbildung im Detailhandel darin besteht, die gesellschaftliche Integration und den sozialen Aufstieg von Lernenden mit unterschiedlichem sozialem Hintergrund zu fördern. Interviews mit 45 Akteurinnen und Akteuren, die an der betrieblichen Ausbildung in einem der grössten Schweizer Detailhandelsunternehmen beteiligt sind, zeigten,
- wie ein niedrigschwelliger und gleichberechtigter Zugang zur Ausbildung partizipatives Engagement und selbstbestimmten Erfolg ermöglicht,
- wie Berufsbildnerinnen und Berufsbildner sich mit sozialen Rollen identifizieren, die nicht explizit gefordert werden, aber für Lernende relevant sind, und
- wie Lernende während und nach der Ausbildung Möglichkeiten erhalten, ihren sozialen Status zu erhöhen.
Die Studie zeigte auch hinderliche Faktoren wie den Zeit- und Arbeitsaufwand für die Implementierung einer neuen Lernkultur auf, die alle an der betrieblichen Ausbildung beteiligten Akteurinnen und Akteure betrifft. Insbesondere die resistenten, negativen sozialen Reproduktionszyklen und die Heterogenität des sozialen Hintergrunds der Lernenden sind Herausforderungen für die betriebliche Berufsbildung im Detailhandel. Dies sollte in neuen Lernkulturen und Ausbildungskonzepten berücksichtigt werden.
Literatur
- BAK Economics. (2022). Die Bedeutung des Detailhandels für die Schweizer Volkswirtschaft: Eine Studie im Auftrag der Interessensgemeinschaft Detailhandel IG D.
- Backes-Gellner, U., & Pfister, C. (2019). The contribution of vocational education and training to innovation – The case of Switzerland. (Study in the context of the report “research and innovation in Switzerland 2020,” part C, study 1.)
- Büchler, T.,Mäder, G.,Wyttenbach, C., Funke, S., & Mamacker, M. (2017). Der Strukturwandel im Detailhandel und seine Auswirkungen auf die Arbeitsplätze in der Branche: Forschungsbericht im Auftrag der Stiftung für Erforschung der Frauenarbeit. (Structural change in retail and its impact on jobs in the industry: Research report). University of Bern, Interdisciplinary Center for Gender Research (IZFG).
- Blau, P. M. (1960). A theory of social integration. American Journal of Sociology, 65(6), 545–556.
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- Ebert, T. (2016). Social justice: Ideas, history, controversies. BPB Federal Agency for Civic Education.
- Kuckartz, U. (2016). Qualitative Inhaltsanalyse—Methoden, Praxis, Computerunterstützung. Beltz Juventa.
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- Neelsen, J. P. (1975). Education and social mobility. Comparative Education Review, 19(1), 129–143.
- Porcu, O. (2020). Exploring Innovative Learning Culture in the Newsroom. Journalism 21(10): 1556–1572. doi:10.1177/1464884917724596.
- Raemy, P., & Barabasch, A. (2022a). Promoting Resilience with new Learning Cultures. Perception, Negotiation, Normalisation, and Enactment of Change in Workplace Learning. Online first. Journal of Education and Work. DOI:10.1080/13639080.2022.2149714.
- Raemy, P., & Barabasch, A. (2022b). Negotiating New Professional Roles in Retail’s Workplace Training. Applying the Negotiative Theory of Roles to a VET Context. Revised and resubmitted for the. Journal of Vocational Education & Training.
- Sonntag, K., Stegmaier, R., Schaper, N. & Judith Friebe (2004). Dem Lernen im Unternehmen auf der Spur: Operationalisierung von Lernkultur. Unterrichtswissenschaft 32(2): 104–127.
Zitiervorschlag
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