Berufsbildung in Forschung und Praxis
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Befragung von Lehrkräften und üK-Leitenden

Inklusiv-digitale Bildung: Zukunftsperspektiven für die Berufsbildung?

René Wüthrich

Digitale Technologien sind spätestens seit der Pandemie zu einem festen Bestandteil der beruflichen Grundbildung geworden; das zeigt sich etwa in der Umsetzung von Bring-Your-Own-Device (BYOD) oder Blended-Learning-Konzepten an Berufsfachschulen und in überbetrieblichen Kursen (üK). Digitale Technologien bieten aber auch aus der Perspektive einer inklusiven Pädagogik ein grosses Potenzial. Eine inklusiv-digitalen Bildung verbindet die beiden Themen Inklusion und digitale Technologien in einem gemeinsamen Konzept; sie möchte Lernumgebungen schaffen, an denen alle Lernenden teilhaben können. Eine Umfrage an der EHB zeigt, dass die Studierenden solche Lernumgebungen wichtig finden und sich auch zutrauen, sie zu schaffen.

Projekt der PH Luzern

So tasten sich die Berufsfachschulen an die Nutzung von KI heran

Simone Ries & Jessica Thompson

Die digitale Transformation beeinflusst Gesellschaft, Wirtschaft und Bildung in fundamentaler Weise – auch die Berufsbildung steht vor der Herausforderung, sich diesen Veränderungen anzupassen. Ein zentraler Treiber dieser Transformation ist die Generative Künstliche Intelligenz (KI). Sie hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir lehren und lernen, grundlegend zu verändern. In welchem Masse dies geschieht, ist Gegenstand eines Forschungsprojekts der PH Luzern. Die Beobachtungen lassen auf Potenziale und Entwicklungsfelder schliessen.

Erste Erfahrungen aus der Praxis

Kaufleute 2023 – die neue schulische Abschlussprüfung

Eva Höpfer, Reto Wegmüller & Andrea Rosser

Die kaufmännische Lehre ist die meistgewählte berufliche Grundbildung in der Schweiz – knapp ein Fünftel der Lernenden durchläuft sie. Die Reform der Bildungserlasse dieses Berufs hat alleine schon darum viel Beachtung gefunden, ihre radikale Ausrichtung am Paradigma der Handlungskompetenz hat zu lebhaften Kontroversen geführt. Nachdem die ersten Lernenden vergangenen Sommer in die reformierte Bildung eingetreten sind, richtet sich jetzt der Blick auf das Qualifikationsverfahren. Wie können gute Prüfungen konzipiert werden, die relevant, valide und rekursfähig sind? Eine neu gegründete Nationale Leitung Qualifikationsverfahren Kaufleute (NLQK) kümmert sich um Fragen wie diese. Inzwischen liegen erste Nullserien vor, eine Probeprüfung hat bereits stattgefunden.

Präsentationen des Leadinghouse für Berufsfelddidaktik (LH BFD)

Curriculare und didaktische Rahmenbedingungen von transversalen Kompetenzen

Antje Barabasch

Die Förderung von transversalen Kompetenzen gehört zu den jüngeren, explizit gemachten Postulaten in der Berufsbildung. Die theoretische Beschreibung solcher Kompetenzen und die Entwicklung von methodisch-didaktischen Konzepten zu deren Förderung sind allerdings anspruchsvoll. Im Rahmen der jährlichen Tagung der Schweizerischen Gesellschaft für Bildungsforschung (SGBF) 2024 in Locarno stellte das Leadinghouse für Berufsfelddidaktik (LH BFD) jüngste Forschungsergebnisse dazu vor. Dabei spannte sich der Bogen von der theoretisch konzeptionellen zur methodisch didaktischen Auseinandersetzung – mit durchaus handfesten Ergebnissen.

Dieter Euler

Stützen, nicht stürzen: Dual(isiert)e Berufslehre in der Entwicklungszusammenarbeit

Dieter Euler

Entwicklungszusammenarbeit muss weiterhin auch die dualisierte Berufsbildung von jungen Menschen stützen und entwickeln. Eine Abkehr von dieser Zielsetzung, wie sie Markus Maurer in einem Diskussionsbeitrag in Transfer forderte, wäre für die betroffenen Ländern fatal. Die DEZA tut darum gut daran, durch Reformen der zumeist schulbasierten Berufsausbildung auf der Sekundarstufe die Ausbildung näher an die Bedarfe des Arbeitsmarkts zu führen und zudem einen Beitrag zur Armutsreduktion zu leisten.

Standardisierte Abschlussklassenbefragung SAB 2022 des ZEM CES

Wie zufrieden sind die Lernenden mit ihren Lehrpersonen?

Die meisten Jugendlichen sind zufrieden mit ihren Lehrpersonen an Berufsfachschulen. Das zeigt die Standardisierte Abschlussklassenbefragung SAB 2022 des ZEM CES. Besonders hoch ist dieser Wert bei den Lernenden in einer zweijährigen Grundbildung (EBA). Ein Beispiel: 76% der EBA-Lernenden finden voll und ganz oder teilweise, dass ihre Lehrpersonen gern mit ihnen zusammenarbeiten; bei EFZ-Lernenden liegt dieser Wert bei 61%, in der Berufsmaturitätsschule bei 58%. Untersucht wurden zwölf Items für die Berufsbildung und sechs Items für die allgemeinbildenden Schulen. An der Befragung nahmen 197 Schulen mit 19’600 Lernenden aus allen Teilen der Schweiz teil.

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Die EHB publiziert Trendbericht 6

Qualifikationsverfahren auf dem Prüfstand

99 Prozent der Lernenden, die zu einem Qualifikationsverfahren angetreten sind, schliessen dieses erfolgreich ab. Überrascht Sie diese Aussage? Sie berücksichtigt auch die Repetitionen – und zeigt, dass ein einmaliges Scheitern am QV keine wesentliche Ursache für einen fehlenden Sek-II-Abschluss ist. Dies ist eine von vielen Erkenntnissen des Trendberichts 6 der EHB «Qualifikationsverfahren auf dem Prüfstand». Das Papier erörtert Risikofaktoren, diskutiert den Einsatz von KI oder weist auf Nachwuchsprobleme bei der Rekrutierung von Expertinnen hin. Ob auf schriftliche Prüfungen verzichtet werden kann, wird nicht beantwortet; dies erfordere mehr Forschung.

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Monitoring der Digitalisierung der Bildung aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler

Maschinelles Lernen ist an den Schulen angekommen

Maschinelles Lernen (KI) ist in der Berufsbildung angekommen – wenngleich weniger ausgeprägt wie in den Gymnasien. Das zeigt eine Befragung von fast 6’000 Schülerinnen und Schülern in der Schweiz im Rahmen eines Monitorings durch die Schweizerische Koordinationsstelle für Bildungsforschung (SKBF). So setzen gut 40% der Jugendlichen generative Sprachmodelle wie ChatGPT in der Schule oder auch zuhause für schulische Zwecke ein; diese Werte liegen in den Gymnasien/FMS auf gut 50%. Und über 50% der Lernenden in einer beruflichen Grundbildung nutzen in der Schule Übersetzungstools mindestens einmal pro Woche oder häufiger (Gymnasien/FMS: rund 70%). Das Monitoring enthält eine Reihe weiterer Aspekte der Digitalisierung in der Bildung.

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Umfrage der Stiftung MyHandicap

Empfehlungen für eine inklusive Berufsbildung

Michel Lanker & Celina Heiniger

Eine Umfrage der Stiftung MyHandicap zeigt, dass Jugendliche mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten beim Übergang in die Berufswelt häufig mit Hürden konfrontiert sind. Dies obschon die vom Bundesrat unterzeichnete Behindertenrechtskonvention auch ein Recht auf Arbeit im regulären Arbeitsmarkt einschliesst. Im vorliegenden Beitrag wird gezeigt, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, damit eine inklusive Berufsbildung gelingt und welche Vorteile sich für Jugendliche und Lehrbetriebe daraus ergeben.

Evaluation des Programms «Zukunft Berufsbildung»

Je mehr Betreuungszeit, desto eher gelingt Integration

Im Programm Zukunft Berufsbildung werden junge Menschen zwischen 15 und 28 Jahren begleitet, die eine Ausbildung abgebrochen haben oder auf Unterstützung auf dem Weg in eine berufliche Grundbildung angewiesen sind. Das Programm existiert in zehn Kantonen (AG, BE, BL, BS, FR, JU, NE, TI, VS, ZH). Eine Evaluation kommt nun zum Schluss, dass eine gelungene Integration direkt von der Zeit abhängt, die für die Betreuung der Teilnehmenden aufgewendet wird. Die Teilnehmenden sowie die Arbeitgeber zeigen sich mit dem Angebot zufrieden. Die Evaluation stellt jedoch kantonale Unterschiede in Bezug auf die Bekanntheit des Programms und die praktische Umsetzung fest.
Quelle: Panorama. Weitere Informationen: Bericht, Artikel von RTSinfo (französisch)

Berufliche Grundbildung von Menschen mit Behinderung

Ein zu kleiner Schlüssel für eine grosse Aufgabe

Kuno Stürzinger

Viele Jugendliche mit Behinderungen werden in geschützten Werkstätten ausgebildet. Sie erhöhen damit ihre Chancen auf einen Eintritt in den regulären Arbeitsmarkt. Die Ausbildung dieser Personen erfordert intensive Begleitung und spezifische Settings, die den Bedürfnissen der Lernenden angepasst sind. In der Regel sind die Bildungsverantwortlichen dafür voll ausgelastet. Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Gestaltung dieser Bildungsleistung ist allerdings nicht möglich, weil die Bildungsverordnungen einen Betreuungsschlüssel von einer lernenden Person pro Berufsbildner vorschreiben. Dabei würde das Berufsbildungsgesetz einen Ausweg aus dem Dilemma bieten.

Studie des Swiss Leading House VPET-ECON

Wie das Umweltbewusstsein die Berufswahl von Jugendlichen beeinflusst

Die Klimaproteste «Fridays for Future» haben die Berufswahl vieler Jugendlicher beeinflusst und sie ermutigt, umweltrelevante Ausbildungen zu wählen. Dieser Zusammenhang ist stark und robust – im Gegensatz zu persistenten soziale Normen gegenüber Umweltfragen, wie sie sich in regional unterschiedlichem Abstimmungsverhalten messen lassen. Für diese Normen lässt sich kein Zusammenhang mit der Umweltfreundlichkeit der von den Jugendlichen gewählten Berufe zeigen. Das sind die Hauptergebnisse einer Untersuchung von Patrick Lehnert und Harald Pfeifer im Rahmen der Forschung des Swiss Leading House VPET-ECON.

Mehr lesen (in Englisch, Working Paper No. 231)

Publikation in der Zeitschrift Zeitschrift GISo (Gesellschaft, Individuum, Sozialisation)

Kompensatorische Bemühungen in der Erwachsenenbildung – späte Einsichten zu Ungleichheiten im Schweizer Bildungssystem

Programme zur Förderung von Grundkompetenzen Erwachsener haben es schwer, denn die Scham, nicht lesen, schreiben oder rechnen zu können, ist als wirkmächtiger Mechanismus der Exklusion schwer zu durchbrechen. In einem Beitrag der Zeitschrift GISo (Gesellschaft, Individuum, Sozialisation, Herbst 2024) beschreiben Kushtrim Adili und Miryam Eser Davolio (beide ZHAW) auf Basis einer Metaanalyse empirischer Studien die dahinter liegenden Mechanismen. Und sie richten den Blick auf die bildungspolitischen Konsequenzen, die man aus den Schwierigkeiten ziehen müsste. Aber anstatt die Konsequenzen der auf Selektion ausgelegten Schweizer Bildungslandschaft mit ihren Exklusionsrisiken grundsätzlich zu überdenken, werde auf eine kompensatorische Strategie mit niederschwelligen Angeboten gesetzt, so die Autorinnen.

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Dritter Anlass aus der «Themenreihe Berufsbildung» an der PH Zürich

Handlungskompetenzen und Lernortkooperation: Mehrwert oder nur Mehraufwand?

René Schneebeli

Die konsequente Umsetzung der Handlungskompetenzorientierung verlangt von allen Lernorten erhebliche Anpassungsleitungen – auch was die Abstimmung unter ihnen betrifft. Am dritten Anlass der «Themenreihe Berufsbildung» an der PHZH waren sich alle Gäste einig: Das Thema Kooperation hat noch Luft nach oben; dabei würde sich eine vermehrte Abstimmung der Lernprozesse lohnen.

Evaluation der Gremienstruktur der Berufsbildung

Wie gut ist die Governance der Berufsbildung auf nationaler Ebene?

Wie gut funktioniert die Verbundpartnerschaft auf nationaler Ebene? Das ist die zentrale Frage einer Evaluation von Interface zur Struktur der nationalen Gremien, deren Zusammenspiel und Wirkungen. Die Evaluation (publiziert im März 2024) macht positive Feststellungen: So seien die Arbeitsweise der Tripartiten Berufsbildungskonferenz (TBBK) angemessen und die Zusammenarbeitskultur positiv. Die Zufriedenheit der Akteure der Berufsbildung mit der neuen Gremienstruktur sei mehrheitlich erreicht. Zu Kritik Anlass geben unter anderem die mangelhafte Vertretung etlicher Akteure in den Gremien (Bildungsinstitutionen, Kurszentren, Berufsberatung usw.). Auch der Umgang mit Konflikten gebe Anlass zu Fragen.

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Förderung der Arbeits- und Lebenszufriedenheit in der dualen Grundbildung

Was das Wohlbefinden von Lernenden fördert

Camilla Zambelli & Jenny Marcionetti

Gute Beziehungen und Arbeitsbedingungen wirken sich positiv auf den Erwerb beruflicher Fähigkeiten aus, aber auch auf das allgemeine Wohlbefinden der Mitarbeiter – das ist durch die Literatur gut bestätigt. Aber gilt das auch für Lernende? Um mehr Licht in die Prozesse zu bringen, die die Selbstwirksamkeit der Lernenden am Arbeitsplatz und deren Zufriedenheit verbessern, haben wir die Wechselwirkungen von verschiedenen Faktoren wie der proaktiven Persönlichkeit oder der Arbeitsbedingungen analysiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine proaktive Grundeinstellung und erfüllende Beziehungen insbesondere zu Kolleginnen die berufliche Selbstwirksamkeit der Lernenden und, direkt oder indirekt, auch die Arbeitszufriedenheit verbessern.

Buchpublikation zur Ökonomie der Bildung

So teuer ist uns die Berufsbildung

Siegfried Hanhart & Isabel Voirol-Rubido

Im vorliegenden Beitrag werden ökonomische Erkenntnisse zu Fragen vorgestellt, die für die Analyse und Gestaltung der Berufsbildung und der Funktionsweise von Berufsbildungssystemen von zentraler Bedeutung sind: Welchen Beitrag leistet die Berufsbildung zum Wirtschaftswachstum? Wie hoch sind die Kosten der beruflichen Grund- und Weiterbildung und wer finanziert sie? Lohnt sich berufliche Bildung für Einzelpersonen und Unternehmen? Der Beitrag basiert auf einem Buch, das Antworten auf diese Fragen auf der Grundlage von aktuellen Forschungen, Erhebungen und Statistiken liefert.

Amosa-Studie über Beschäftigung und Stellensuche

Nur ein Drittel arbeitet freiwillig in flexiblen Arbeitsverhältnissen

Der Anteil flexibler Arbeitsformen liegt seit 2001 relativ konstant bei ungefähr 20 Prozent; dies bestätigt die jüngste Untersuchung durch Amosa (Arbeitsmarktbeobachtung Ostschweiz, Aargau, Zug und Zürich). Von einer Abkehr von traditionellen Arbeitsverhältnissen könne darum nicht gesprochen werden. Dennoch gibt es überraschende Erkenntnisse. So bilden sich Stellensuchende aus flexiblen Arbeitsformen nicht seltener, sondern häufiger weiter als andere, und knapp 50 Prozent der Stellensuchenden aus typischen Arbeitsformen können sich vorstellen, in Zukunft mehrere Jobs parallel auszuüben. Gleichzeitig zeigt sich, dass nur rund ein Drittel der flexiblen Arbeitsformen intrinsisch ­motiviert ausgeübt wurde. In den anderen Fällen gaben Stellensuchende explizit an, dass sie lieber in einer klassischen Arbeitsform tätig gewesen wären und nennen Motive wie körperliche oder psychische Einschränkungen, fehlende Alternativen oder finanzielle Notwendigkeit.

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Modellübersicht der EHB im Auftrag der SBBK

Begriffsklärungen und Beispiele zur Handlungskompetenzorientierung

Die Handlungskompetenzorientierung ist zum leitenden Paradigma der Berufsentwicklung in der Schweiz geworden. Im Auftrag der Schweizerischen Berufsbildungsämter-Konferenz SBBK hat die EHB eine «Zusammenstellung für ein gemeinsames Begriffsverständnis in der schweizerischen Berufsbildung» erarbeitet – ein knapp 50-seitiges Dokument, das neben vielen Begriffsklärungen auch vier Umsetzungsbeispiele an sechs Berufsfachschulen enthält. Zudem macht das Dokument auch Empfehlungen für die Ebenen Schulleitung, OdA und Verbundpartnerschaft. Wie auch immer ist den Autorinnen und Autoren klar: Die Umsetzung der Handlungskompetenzorientierung hängt stark von den Lehrpersonen und deren Unterrichtsgestaltung ab.

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